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Keine fünf Minuten Fussweg vom Hauptbahnhof entfernt liegt der Platzspitz (ursprünglich „Platzpromenade“). Hier, wo die Sihl und die Limmat zusammen fliessen, wurde auf dem dreieckigen Stück Land um 1780 diese Parkanlage im Stil des Barocks nach französischem Vorbild angelegt. Bereits lange zuvor, zu Beginn des 15. Jahrhunderts, wurde dieses Stück Land für ganz andere Zwecke verwendet: Hier wurde Schiessen geübt! Bis in das 17. Jahrhundert hinein wurden hier Schützenfeste gefeiert, Zürichs grösstes Volksfest, das so genannte „Knabenschiessen“, hatte hier seinen Ursprung. Im 18. Jahrhundert wurden sowohl der Schiessplatz, als auch jene Volksfeste und das Knabenschiessen auf das Albisgütli verlegt. Mit dem Bau grosser Promenaden wurde der Grundstein für die Errichtung der Parkanlage gelegt, die sich bei Zürichs Bevölkerung grosser Beleibtheit erfreute. Grosse Namen wandelten hier entlang! James Joyce (1882 – 1941, Irischer Schriftsteller, in Zürich verstorben) und Gottfried Keller (1819 – 1890, Schweizer Schriftsteller und Plotiker) waren hier oft anzutreffen. Ursprünglich war die Parkanlage deutlich grösser. Mit dem Bau des Hauptbahnhofes 1846 verschwand ein grosser Teil der Grünflächen unter den Gleisanlagen und dem Hauptgebäude, auch war es nicht mehr möglich, die lang gezogenen Promenaden an der Sihl entlang zu wandeln, sie mussten der Zollbrücke, über die ein grosser Teil der Gleise bis zum heutigen Tage führt, weichen. Neben einigen sehr grossen, wunderschönen Platanen ist aus der Gründungszeit der Anlage noch der Gedenkstein an Salomon Gessner (1730 – 1788, Schweizer Idyllendichter, Maler und Grafiker) erhalten. Dieser Gedenkstein ist eines der ganz wenigen Kunstwerke in der Stadt, welches noch an seinem ursprünglichen Ort steht. 1883 wurde die Anlage zu einem Landschaftspark umgebaut, aus dieser Zeit stammen noch der Musikpavillon und der Verlauf der Wege. 1898 verlor der Park erneut an Grösse, als das Landesmuseum eröffnet wurde, als jenes um den Erweiterungsbau 2016 „bereichert“ wurde, musste letztmalig der Park verkleinert werden.
Der Platzspitz erlangte ab 1986 einen recht zweifelhaften internationalen Ruhm. Hier trafen sich Drogensüchtige aus unzähligen Ländern der Welt, zeitweise bis zu 3000 an einem einzigen Tag, nachdem sie aus ihrem Land, ihrer Stadt, ihrem Dorf oder auch nur aus einem angrenzenden Quartier vertrieben worden waren – Drogen waren zu jener Zeit billig, es gab keine, die man nicht kaufen konnte. Unter dem Spitznamen „Needle Park“ („Nadel-Park“) verstand man den Ort, an dem sich das Elend des Drogenkonsums konzentrierte, bis 1992 die Anlage auf Druck der Bevölkerung Zürichs geschlossen wurde. 1993 wurde die Anlage wieder eröffnet, jetzt fahren hier oft Polizei-Fahrzeuge durch, auch wird der Park ab 21 Uhr geschlossen, um eine erneute Ansiedlung von Drogenhändlern und -süchtigen zu unterbinden, dennoch sieht man hier ab und an noch ein paar wenige arme Seelen, die jene Jahre irgendwie überlebt haben, manchmal aber auch Kleindealer. An sonnigen Wintertagen wie dem, an welchem ich den Platzspitz besuchte, kann man sich diese Zeit kaum vorstellen – wenn man hier nicht geboren wurde und aufgewachsen ist. Ich hatte aber noch Bilder vom Berliner Bahnhof Zoo, der Potsdamer Strasse und anderen Orten in Berlin im Kopf und diese gleichen denen, die man immer wieder auch vom Platzspitz findet. 2020 erschien der Film „Platzspitz Baby“, ein ausgesprochen bewegendes, sehr gut gemachtes Film-Drama von Pierre Monnard, basierend auf dem Buch von Michelle Halbheer. Ich empfehle Ihnen, sich diesen Film einmal anzusehen. Sie werden den Platzspitz selbst an solch wunderschönen Tagen wie diesen Sonntag, den 14.2.2021, in einem anderen Licht sehen. Vielleicht sehen Sie dann auch die Menschen, die diese Jahre in Zürich überlebt haben, in einem anderen Licht. Heute erinnern an diese Zeit nur noch die Polizei-Fahrzeuge und der eine oder andere Spritzenautomat, die um den Hauptbahnhof irgendwann einmal aufgestellt wurden.
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