Die letzte Unternehmung streunerischer Art in diesem Jahr hatte es in mehrfacher Hinsicht in sich – zumindest für mich hat es sich aber durchweg gelohnt mich mit etwas auseinander zu setzen, was ich bis zum heutigen Tage aus verschiedenen Gründen eher vermieden hatte: Schneesport (also so was in der Art, denn im klassischen Sinne „sportlich“ bin ich nun wahrhaftig nicht). In meinem ganzen Leben stand ich ein Mal auf Skiern und zwei Mal auf einem Snowboard. Alle diese Erfahrungen endeten sehr schmerzhaft für mich, zu schmerzhaft, um weitere Unternehmungen auf jenen Dingern in Angriff zu nehmen. Wenn ich beschliesse, dass in meinem Leben etwas „nicht meins“ ist, dann bleibt das auch so. Aus gutem Grunde! Dennoch zog es mich immer im Winter raus, ich wollte (und musste…) mich irgendwie bewegen, aber immer nur in erreichbaren und begehbaren Regionen herum streunen, in welchen sich ohnehin nahezu jeder eher „bewegungsträge“ Mensch an schönen Wintertagen herum treibt? Nein, das war auf Dauer auch nicht meins. Ich habe nicht gern (zu) viele Menschen um mich herum, wenn ich streune. Irgendwann vor einigen Jahren aber bemerkte ich eine neue Art und Weise, wie man sich auch im Schnee bewegen kann: Auf Schneeschuhen. Von jenem Tag an lies mich die Idee nicht mehr los, das selbst einmal auszuprobieren – und auch durchzuziehen. So erwarb ich vollkommen spontan bei meinem Aufenthalt in Brienz ein Paar jener Dinger, in Frankreich hergestellt und eher von der „flexiblen“ Sorte (Sie ahnen vielleicht bereits, dass es nicht nur unglaublich viele verschiedene Varianten, sondern vor allem sehr viele sehr unterschiedlich teure Varianten von jenen Dingern gibt). Im Nachhinein möchte ich mich bei der guten Frau, die mich seinerzeit in Brienz beriet, herzlichst bedanken! Sie hatte exakt das Modell für mich, was meinen Ansprüchen (und Fähigkeiten…) wohl am besten entsprach.
Seit jenem Besuch in Brienz kreisten meine Gedanken um jenes ominöse Ding mit Namen „Schneeschuh-Wanderung“. Ich gehe in der Regel nie vollkommen unvorbereitet in Regionen, die ich nicht kenne, somit lag es nahe, dass ich mich doch vergleichsweise intensiv vorab informierte, was es mit dieser Art von Fortbewegung auf sich hatte. Glauben Sie mir: Es gibt Filme auf YouTube, die wollen Sie nicht sehen! Und ich wollte bewusst nicht in freier Wildbahn auf Protagonisten aus jenen Filmchen treffen geschweige denn selbst Protagonist eines solchen Filmchens werden! Nach intensiver Lektüre einiger einschlägiger Portale stellte ich im Kopf meine Ausrüstung zusammen, erwarb noch taugliche Stöcke, ohne die es wahrhaftig nicht geht, und diversen anderen Kleinkram. Wesentlich länger dauerte die Suche nach einem möglichen „Testgebiet“, in welchem ich meine ersten Schritte auf jenen Dingern tätigen sollte, wollte, konnte… Natürlich hatte ich immer im Hinterkopf, dass ich a) nicht sportlich bin, b) meine Kondition bestenfalls durchschnittlich ist und c) ich derartiges noch nie gemacht hatte. Aber ich hatte auch im Kopf, dass ich a) neugierig bin, b) gerne laufe und vor allem c) in gewissen Dingen einen sehr starken Willen haben kann. Ich kann mich selbst antreiben (nein, das herzlich wenig mit Motivation zu tun, das ist Willensstärke!). Dennoch holte ich tief Luft, als es nun an die Umsetzung des Gedankens ging…
Ich stand sehr früh auf und fuhr mit Tram, Bahn, Zahnradbahn und Standseilbahn bis zur Haltestelle „Rigi Scheidegg“, ziemlich genau auf halber Strecke zwischen dem Gipfel der Rigi und Rigi Hochflue gelegen. Alles das „kostenlos“, das GA erster Klasse war vollumfänglich gültig (und bescherte mir auf dem Rückweg einen herrlich bequemen Sitz, auf dem ich fast eingenickt wäre). Mit dem ersten Zug der Rigi Bahn, einem herrlich rumpelnden Zahnradbahn-Ding, ging es von Arth-Goldau bis zur Haltestelle Kräbel, dann mit der Standseilbahn bis zum Endhaltepunkt Rigi Scheidegg. Dort oben brachen gerade die ersten Sonnenstrahlen über die Bergkämme auf der gegenüber gelegenen Seite des Vierwaldstätter Sees. Abgesehen von zwei Anwohnern und einem sehr interessierten lieben Hund und mir selbst war dort oben niemand! Herrlich! Ich warf nochmal einen Blick auf die Kartenansicht der sehr guten App mit Namen „Bergfex“ (erhältlich für iOS und Android) und stapfte los, noch ohne die Schneeschuhe. Ich wollte die Grenzen zwischen Wanderschuhen und Schneeschuhen ausloten, natürlich dabei aber auch meine eigenen Grenzen. Erst als ich bis Kniehöhe in dem wunderschönen Pulverschnee einsackte, legte ich die Dinger an. Ich hätte das schon vorher machen sollen, denn von dem Moment an wurde der gesamte Weg um ein Vielfaches erträglicher, meine Bein- und Fussgelenke verdrehten sich kaum noch und ich sackte auch nicht mehr besonders tief ein. Schneeschuhe sind definitiv eine Erleichterung, auch wenn man so gut wie gar nicht einsackt! Ich hatte vorab ein paar Bedenken, wie sich die Handhabung an sich gestalten würde, aber alles in allem erinnerte mich das Laufen an Gehen mit Badelatschen. Man hat zwar weitaus mehr Gewicht an den Füssen, aber ich hatte nie das Gefühl, ich sei untrennbar mit den Dingern verbunden. Sie machten grösstenteils meine Bewegungen so mit, wie ich mir das dachte (bei den Skiern und den Snowboards war das nicht einmal ansatzweise der Fall). Wirklich: Eine sehr zweckdienliche und vor allem angenehme Form, durch den Schnee zu stapfen!
Die Route entspricht einem regulären Wanderweg (querfeldein wollte ich mir nicht zumuten), der knapp vier Kilometer Länge aufweist und auf welchem man – insbesondere auf der Hälfte der Strecke – 187 Höhenmeter überwindet (und ganz nebenbei die Kantonsgrenze zwischen Schwyz und Luzern überschreitet). Das mag nicht „viel“ erscheinen, aber im Nachhinein betrachtet war diese Wanderung genau das, was ich mir für das erste Mal zumuten konnte, viel länger (und steiler…) hätte es nicht mehr werden dürfen. Und ja, es geht in die Beine, genauer: Die Oberschenkel und die Hüftknochen. Die Wanderung, die sich auf einer Höhe von 1437 bis 1598 Metern ü. N. N. abspielt, wird in Bezug auf die Anforderungen als „mittel“ eingestuft, erfordert zwar wenig „Technik“, aber durchaus Ausdauer. Haben Sie das im Hinterkopf, sollten Sie so wie ich als blutiger Anfänger sich auf Schneeschuhe stellen wollen! Zumindest am Vormittag bewegt man sich immer auf der Sonnenseite des Hanges. Das führt dazu, dass die Schneeverhältnisse auf jenem Weg stark variieren. Mal sind es sehr dicke Pulverschneelagen, mal aber auch komplett vereiste Wege (vor allem die, die steil bergauf durch Waldpassagen führen). Manchmal aber liegen die vereisten Passagen auch unter Pulverschichten, nicht gerade selten sind die obersten Schichten verharscht, sodass man regelrecht einbricht. Aber in keinem Moment haben meine Schneeschuhe versagt, ich hatte immer und ausnahmslos guten Halt auf dem Untergrund, konnte in Ruhe meine Fotos machen und hier und da eine wohl verdiente Verschnaufpause einlegen. Apropos „Foto“. Ich hatte mir für meine Stöcke ein kleines Zusatz“feature“ zugelegt: eine Kamera-Halterung. Die ist durchaus als Stativ-Ersatz für sehr leichte Kameras und Handys geeignet. Letztlich aber hatte ich meine gute und treue Begleiterin immer um den Hals hängen. Ich durfte über weite Passagen hinweg das faszinierende Glück geniessen, der nachweislich erste Mensch an jenem Tag gewesen zu sein, der die Route entlang wanderte. Diese aussergewöhnlich schönen Ansichten einer unberührten Schneedecke haben mich immer wieder fasziniert! In mancherlei Hinsicht war 2020 für mich ein teures Jahr, aber die beste Investition, die ich in diesem Jahr getätigt habe, sind diese Schneeschuhe! Das ist meins und wird es wohl auch noch lange bleiben! Aber ich muss auch ehrlich bleiben: Bei der Wanderung habe ich mich tatkräftig von meinem Handy unterstützen lassen. In tiefen Schnee immer den Überblick über die allgemeine Orientierung zu behalten, ist nicht immer eine banale Sache. Dankenswerter Weise gibt es im Netz der Netze entsprechende GPX- und KML-Dateien, die sich mit dafür geeigneten Apps nutzen lassen, um den Weg und die eigene Position auf der virtuellen Karte anzuzeigen, die entsprechenden Dateien von jener Wanderung finden Sie hier, welche Apps ich wie nutze, beschreibe ich zu gegebener Zeit in einem anderen Beitrag.
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