Der San Bernadino Pass (auch „Sankt-Bernhardin“, italienisch Passo del San Bernadino, rätoromanisch Pass dal Sogn Bernadin) verbindet die im Kanton Graubünden gelegenen Täler Rheinwald und Misox. Auf einer Gesamtlänge von 28 Kilometern steigt er bei einer maximalen Steigung von 7 Prozent auf 2067 Metern über normal Null (auch wenn das entsprechende Schild auf der Passhöhe „nur“ 2066 Meter angibt). Im 15. Jahrhundert nach Christus wurde eine Kapelle zu Ehren des Heiligen Bernhardin von Siena gebaut – dem Namensgeber dieses Passes, der bis da hin „Mons avium“ oder „Vogelberg“ genannt wurde. Wie so oft waren es vor allem die Römer, die diesen verhältnismässig einfach zu bewältigenden Pass erstmals intensiv nutzten, bis ins späte Mittelalter wurde der Saumpfad in beide Richtungen vor allem für den Personen- und Warenverkehr genutzt. Ab 1473 wurde der Weg ausgebaut und stellenweise verlegt, die ursprüngliche Version ist bis zum heutigen Tage noch gut erkennbar und wird nachwievor gerne als Wanderweg genutzt. 1770 wurde der Weg zu einer befahrbaren Strasse ausgebaut und erneut stellenweise verlegt. Historisch erlangte dieser Pass am 7. März 1799 besondere Bedeutung, als am auf dem an der Passhöhe gelegenen See Laghetto Moesola französische Truppen unter General Claude-Jacques Lecoubre auf ein Heer aus Österreichern und Truppen aus dem bereits erwähnten Rheinwalder Tal aufeinander trafen. 1817 wurde der Pass nochmals ausgebaut und verändert, in diesem Zeitraum entstand auch das Hospiz, welches nahe am See auf der Passhöhe gelegen ist und heute sowohl als Postbus-Haltestelle, als auch als Ausflugslokal dient. 1965 wurde der unter dem Bergmassiv verlaufende San Bernadino Tunnel eröffnet (ein typischer Tunnel, wenig sehenswert…). Somit konnte erstmals durch das ganze Jahr hinweg eine Verbindung von der Ostschweiz ins Tessin gewährleistet werden, wenn der Pass in den Wintermonaten gesperrt werden musste.
Wenn Sie gedenken sollten, den San Bernadino zu befahren, dann möchte ich Ihnen einige Empfehlungen und Ratschläge mit auf den Weg geben. Wenn Sie von Chur und Thusis her kommen, dann verlassen Sie die Nationalstrasse 13 in Höhe der Viamala-Schlucht (die Abfahrten sind entsprechend beschildert, auch führt dieser kleine „Umweg“ dennoch direkt zurück zur Nationalstrasse und zum San Bernadino). Statten Sie unbedingt Thusis einen Besuch ab! Vor allem die kulinarischen „Schweinereien“ in Form von der von mir so heiss geliebten Bündner Nusstorte und dem Bündner Hobelfleisch möchte ich Ihnen wärmstens empfehlen! Wenn Sie beabsichtigen, in die Viamala-Schlucht hinab steigen zu wollen, dann bringen Sie zwei Dinge mit: Gute Schuhe und vor allem Kondition, es sind sehr zahlreiche Stufen bis da hinunter (und nahe liegender Weise auch wieder hinauf) zu bewältigen. Ich hatte nicht die richtigen Schuhe an. Und nein, ich habe auch nicht unbedingt die notwendige Kondition für solcherlei Kraxeleien, deswegen gibt es hier nur Bilder von dem hoch gelegenen „Eingangsbereich“ der Schlucht.
Der Pass mag nicht sonderlich steil sein, aber er hat es in sich, für blutige Fahranfänger kann ich ihn nicht empfehlen, er erfordert doch gesteigertes Wissen. Grundsätzlich ist die Strasse gut ausgebaut, aber stellenweise ist sie lediglich 2,30 Meter breit, Ausweichen oder überholen ist über weite Passagen hinweg sehr schwierig oder schlicht nicht möglich. Demzufolge gibt es auch weitestgehend keine geteilten Fahrbahnen. Als Motorrad-Fahrer sollten Sie den zur verfügung stehenden Platz voll ausnutzen – und das geht nur, wenn man die Blicktechnik, die für das Befahren von Kurven mit dem Motorrad zwingend notwendig ist, sicher beherrscht. Obwohl ich mich selbst als einen geübten, wenn nicht gar versierten Fahrer bezeichnen würde, so musste selbst ich zuweilen sehr weit in die (nicht vorhandene) Gegenrichtung schauen und zuweilen auch fahren. Das erfordert in der Regel etwas Mut, den ein Fahranfänger normaler Weise nicht hat, zumal einige Kurven nicht einsehbar und obendrauf auch noch sehr eklig sind: Im Kuvenverlauf enger werdende Kurven sind hier zahlreich vorhanden. Fahrer, die „schaltfaul“ sind, haben auf diesem Pass nichts zu suchen! Auch sollte man sein Motorrad bei sehr geringen Geschwindigkeiten zwingend gut im Griff haben. Lediglich zwei lang gezogene Passagen erlauben ein entspanntes und schnelles Fahren, denken Sie aber immer an den mangelhaft vorhandenen Platz. Schnelles Reagieren und Ausweichen muss ebenso zwingend beherrscht werden, so manch ein „Hinweis“ am Strassenrand verdeutlicht, dass man diesen Pass nicht unterschätzen sollte. Dafür entschädigt dieser Pass aber die Mühen mit einigen ausserordentlich schönen Anblicken, lassen Sie sich auf der Passhöhe ruhig Zeit und erkunden Sie die Umgebung, es lohnt sich! Ein paar Video-Eindrücke von einer Fahrt über den San Bernadino am 4.7.2020 finden Sie auf YouTube.
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