Der Ofenpass dürfte einer der ältesten in der Schweiz sein, Funde aus der Jungsteinzeit zwischen 5000 und 4000 vor Christus belegen, dass dieser Weg schon seit sehr langer Zeit genutzt wurde, aber einmal mehr waren es die Römer, die diesen Pass ausbauten und dauerhaft nutzbar machten. Seinen Namen erhielt dieser Pass vom Bergbau, genauer: Von den zahlreichen Schmelzöfen, die einst hier standen und deren Reste stellenweise noch gut zu erkennen sind. Zum Ausschmelzen der Eisenerze verwendeten die hier tätigen Menschen ab ungefähr 1300 nach Christus vor allem Holz, welches durch Rodung der umliegenden Wälder gewonnen wurde. Spuren dieses Raubbaus sind ebenso noch gut und vor allem grossflächig zu erkennen, was diesem ohnehin schon ungewöhnlichen Pass nochmals einen besonderen Anstrich im allgemeinen Erscheinungsbild verleiht. Der gute Arbeitskollege, der mir bereits den Lai da Palpuogna als Ausflugsziel empfahl, beschrieb den Ofenpass als „das Kanada der Schweiz“. Ich war zwar noch nie in Kanada, aber natürlich habe ich schon zahlreiche Bilder von diesem Land gesehen und ja, seine Titulierung empfand ich als sehr treffend. Im Vergleich zu allen anderen Pässen, die ich bisher in der Schweiz befahren habe, wirkt der Ofenpass merkwürdig lang gezogen und – nun ja – etwas öde, zumindest streckenweise. Zuweilen führen schnurgerade Abschnitte durch monoton wirkende Mischwälder, an anderen Stellen muss man Vegetation regelrecht suchen. In Bezug auf sein Erscheinungsbild ist der Ofenpass sehr konsistent – also wenig abwechslungsreich, und dennoch hat er seinen ganz eigenen Reiz, allein schon aus diesem Grunde sollte man ihn einmal befahren. Der Pass führt von Zernez im Engadin bis ins Val Müstair. Auf 35 Kilometern Länge erreicht bei einer maximalen Steigung von 12 Prozent die Höhe von 2149 Metern über dem Meeresspiegel. Auf halber Strecke kann man den Pass in Richtung Livigno in Italien verlassen, allerdings sind aufgrund der herrschenden Pandemie noch alle Grenzübergänge gesperrt. Auch aus diesem Grunde habe ich es mir gespart, bis ins Val Müstair zu fahren und habe in Tschierv bereits wieder den Rückweg angetreten, aber irgendwann werde ich auch den Rest befahren und dann auch von Italien aus wieder in die Schweiz zurück kehren.
Ganz wichtig: Wenn Sie den Ofenpass befahren (der auch bequem von Zernez und Santa Maria aus mit einer Postbus-Linie abgefahren werden kann), dann befinden Sie sich im Schweizerischen Nationalpark! Campieren ist hier strikt verboten, Rasten und anhalten ausschliesslich an dafür ausgewiesenen Stellen erlaubt (was das Fotografieren etwas erschwert). Hinterlassen Sie keinen Müll, sondern nehmen Sie diesen wieder mit und entsorgen Sie ihn an entsprechenden Stellen, wo das erlaubt ist! Die Natur in den Höhenregionen der Alpen ist sehr empfindlich! Abgesehen von einer wirklich fiesen Doppelkurve auf der Seite des Val Müstair stellt der Ofenpass keine exorbitant hohen Anforderungen an das eigene Fahrvermögen, es gibt auch keine Unmengen an Haarnadelkurven und nur sehr wenige, vorab gut einsehbare Engpässe, somit ist dieser Pass auch gut für Fahranfänger geeignet. Unter der Woche ist zumindest jetzt im Frühjahr noch nicht viel los, insofern kann man diesen Pass auch recht entspannt befahren, aber ziehen Sie sich je nach Jahreszeit und Saison warm an. Hier können durchaus noch recht kühle Winde wehen, die durch die ungewohnt weiten Täler des Passes fegen. Achten Sie trotz aller Entspanntheit auf die Strasse, da kann hier und da schon mal ein grösserer Stein auf der Fahrbahn liegen…
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