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Kaiserstuhl

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Bis zum ersten Januar des Jahres 2020 war Kaiserstuhl mit gerade einmal 32 Hektar Grösse eine von den drei kleinsten Gemeinden der Schweiz, seit Jahresbeginn gehört dieser ausgesprochen malerische Flecken an der Grenze zu Deutschland zum Bezirk Zurzach im Kanton Aargau, ganz nahe zur Grenze des Kantons Zürich. Kaiserstuhl hat wie zahlreiche andere Ortschaften am Rhein sehr alte Wurzeln. Von 15 bis 13 vor Christus breiteten sich hier die Römer unter Kaiser Tiberius aus, aber erst 1227 wird Kaiserstuhl urkundlich erwähnt. Diese Ortschaft hat eine sehr wechselhafte Geschichte aufzuweisen. Lange Zeit gehörte es zum Hochstift Konstanz und wurde von einem Obervogt verwaltet, mit der Eroberung des Aargaus durch die Eidgenossen 1415 fiel es aber an die Grafschaft Baden und 1803 letztlich an das Grossherzogtum Baden. Es mag der besonderen Geschichte dieser Gegend geschuldet sein, dass viele Gemeinden und Ortschaften in dieser Gegend am Rhein auf mehr Zusammenarbeit setzen, um nach wie vor schwierige Besitz- und Nutzungsverhältnisse irgendwie handhabbar zu machen. Diese Kooperation auch mit den angrenzenden Gemeinden auf Deutschem Hoheitsgebiet zwischen Hohentengen und Waldshut-Tiengen ist wohl in gegenseitigem Interesse, denn obwohl Kaiserstuhl durch die zahlreichen Wirren der Geschichte fortlaufend an Grundbesitz verlor, so gehören immer noch einige Gebiete auf Deutscher Seite Bewohnern von Kaiserstuhl – auf Schweizer Seite der Grenze. Dazu gehören nicht nur einige Waldflächen, sondern auch Deutschlands südlichste Weinberge, die von einem Gut mit Namen Engelhof aus bewirtschaftet werden. Die Grundfläche von Kaiserstuhl weist die Form eines sehr spitzwinkligen Dreiecks auf, dessen Spitze den Ortseingang auf dem höher gelegenen Rhein-Plateau bildet. Hier steht der einzig verbliebene Rest der ehemaligen Stadtmauer in Form des sehr wuchtigen und massiv gebauten „Oberen Turmes“. Von ihm aus läuft eine recht steil abfallende Strasse direkt zum Rheinufer, wo eine Brücke über den Rhein zum Schloss Rötteln auf Deutscher Seite führt. Links und rechts dieser Strasse stehen zahlreiche alte Gebäude, von denen die meisten zwischen 1525 und 1570 erbaut wurden. Neben zahlreichen herrlich krumm und schief gebauten Wohnhäusern finden sich natürlich verschiedene Verwaltungs- und Lagerungsbauten, die auf die Geschichte dieses Ortes hin weisen, hier und da kann man an Inschriften und in Stein gehauenen Ornamenten erkennen, wann welches Bauwerk welchem Fürsten, Bistum, Stift oder was auch immer gehörte. Heute ist Kaiserstuhl ein von Touristen und Naturfreunden gerne besuchter Ort, aber es sind vor allem Schweizer aus den Kantonen Aargau und Zürich, die nur durch dieses kleine Paradies hindurch brettern, um auf Deutscher Seite bei den namhaften Detailhändlern „günstiger“ einzukaufen.

Viele der alten Wohnbauten tragen eigene Namen: „Zur Rose“, „Zum Widder“, „Zum kleinen Widder“, „Zur Sonne“ und vergleichbares. Wahrscheinlich waren diese Namen lange Zeit eine Orientierungshilfe, bevor das Hausnummernsystem eingeführt wurde, aber das entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn man genau hinschaut oder aber das Glück hat, ein gerade in Restauration befindliches Bauwerk etwas näher betrachten zu können, so kann man erkennen, dass im Laufe der Jahrhunderte so manch ein Bau vor allem in die Höhe erweitert wurde, teilweise lassen sich bis zu drei Mal verstärkte Aussenmauern aus Mörtel und grob behauenen Steinen erkennen. Eine Ausdehnung in die Breite war offensichtlich nicht so ohne Weiteres möglich, dazu war das Gemeindegebiet zu klein, also blieb den Bewohnern damals nichts anderes übrig. Kaiserstuhl wirkt herrlich verschlafen, lediglich zwei oder drei typische kleine Dorfläden, ein paar wenige Handwerksbetriebe und ein wohl recht bekanntes, auf Fisch spezialisiertes Restaurant sind hier anzutreffen. Gemessen an sonstigen Verhältnissen kann man hier auch vergleichsweise „günstig“ wohnen. Bei meinem Besuch stand ein Altbau aus dem Jahre 1568 zur Miete ausgeschrieben, 5 1/2 herrlich verwinkelte, bestens restaurierte Zimmer inklusive Standplatz für ein Fahrzeug und auch inklusive aller Nebenkosten: „nur“ 2100 Schweizer Franken pro Monat. So etwas im Grossraum Zürich zu finden, ist ausgeschlossen, so etwas gibt es im Landesinneren einfach nicht. So zu leben, hat aber auch seine Nachteile: Abgesehen von einer Bahnstation ist Kaiserstuhl nur sehr dürftig an den ÖV angebunden, ohne ein eigenes Fahrzeug kommt man hier nicht weit.

Am Rheinufer führt eine Brücke nach Deutschland, an deren Ende das Schloss Rötteln – auch bekannt als „Burg Rotwasserstelz“ – und die Zollstation stehen, in welcher Deutsche und Schweizer Beamte gemeinsam unter einem Dach ihren Dienst versehen. Das Schloss, über welches nicht sonderlich viel zu erfahren war und welches auch nicht zu besichtigen ist, gehört dem Bürgermeisteramt von Hohentengen – ein gewisses „Statusbewusstsein“ scheint diesem Amt durchaus wichtig zu sein, aber dazu später mehr. Das Schloss weist eine recht ungewöhnliche Form auf, es wirkt fast ein wenig wie eine jener seltenen Schildmauerburgen, nur fehlen Wehrgänge und Türme. Der Grundriss wird durch ein flach gedrücktes Oval gebildet und gemessen an der relativ kleinen Grundfläche ist das Bauwerk an sich erstaunlich hoch. In unmittelbarer Nähe dieses Schlosses gab es noch zwei weitere ähnlicher Bauart, heute ist die eine nur noch eine Ruine und an der Stelle, wo das dritte stand, steht heute mitten im Wasser des Rheins ein Bunker, der 1939 zur Verteidigung der Landesgrenze vor einem möglichen Einfall der Deutschen Wehrmacht erbaut wurde. Von allen Bunkeranlagen, die insbesondere in dieser Region zahlreich an den Ufern des Rheins zu entdecken sind, ist dieser der aussergewöhnlichste: Er ist der einzige, der vollends von Wasser umgeben ist. Heute ist er in Privatbesitz, ein kleiner Artikel in einer Deutschen Lokalzeitung beschreibt das Ding und dessen Besitzer etwas näher. Wie wehrhaft sich die Schweiz in jener Zeit einigelte, beschreibt ein weiterer Bunker ganz in der Nähe der Brücke. Von ihm aus hätte die Flussüberquerung unter Beschuss genommen und wohl auch gesprengt werden können, erfreulicher Weise überdeckt langsam aber sicher die wunderschöne Natur der Rheinufer diese Zeugnisse jüngerer kriegerischer Auseinandersetzungen. In den umliegenden Gebieten der Uferregionen finden sich zahlreiche zum Teil sehr seltene Vogelarten, hier kommt jeder Vogelfreund sicherlich auf seine Kosten.

Aus eigener Erfahrung möchte ich in diesem Beitrag noch auf eine Eigenart dieser Grenzregion eingehen. In der Schweiz leben und alt werden ist ein teurer Spass, somit verwundert es auch nicht, dass auf der Deutschen Seite des Rheins zahlreiche Campingplätze hauptsächlich von Gespannen aus der Schweiz belegt sind. Die Gemeinden, denen solche Plätze gehören, vermieten solche Standplätze gemessen an Schweizer Einkommensverhältnissen zu günstigen Konditionen, so manch ein älteres Ehepaar aus der Schweiz verbringt in solchen Parzellenplätzen seinen Lebensabend oder aber mietet solche Plätze teilweise schon länger als dreissig Jahre. Wenn es aber darum geht, einem angesehenen Deutschen einen solchen begehrten Campingplatz zukommen zu lassen, so wird dann gegenüber solchen Schweizern zuweilen recht rigoros verfahren – egal, wie lange jene schon einen solchen Platz in friedlichem Auskommen mit Nachbarn und der Gemeinde genutzt haben. Da ist dann von Kooperation nichts mehr zu spüren, da greift dann die ganze Gnadenlosigkeit des Deutschen Gesetzes. Abgesehen davon, dass diese Form des Lebens absolut nichts für mich ist, so würde ich nie auf die Idee kommen, auch nur zeitweise zu solchen Konditionen Land in Deutschland zu ähnlichen Zwecken anzumieten. Im Zweifelsfalle zählt hier nicht der europäische Gedanke, sondern allein der der Abgrenzung der EU von der Schweiz. Das Auftreten der zuständigen Institution im Bürgermeisteramt erinnerte mich einmal mehr an das, was ich absolut nicht an meiner Heimat vermisse: Streckenweise überhebliche Selbstherrlichkeit gestützt auf Paragraphen ohne jegliche Vernunft und Einsicht. Da wären mir die 5 1/2 Zimmer auf Schweizer Seite in Kaiserstuhl weitaus genehmer…

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