Wer innerhalb der Landesgrenzen der Schweiz im übertragenen Sinne „hoch hinaus“ will, der befährt den Nufenenpass. Auf 37 Kilometern Länge zwischen den Orten Airolo im Kanton Tessin und Ulrichen im Kanton Wallis erreicht dieser Pass die stattliche Höhe von 2478 Metern über dem Meeresspiegel, somit ist der Nufenenpass der höchste, wie bereits erwähnt vollständig innerhalb der Landesgrenzen gelegene Pass der Schweiz. Ausserhalb der Schweiz ist der Col de l’Iseran in Frankreich mit 2770 Metern der höchste durchgehend asphaltierte und die Ötztaler Gletscherstrasse in Österreich mit 2835 Metern die höchste befahrbare (soll bedeuten: Nicht durchgehend asphaltierte) Bergpassage innerhalb von Landesgrenzen. Grenzüberschreitend ist der Umbrailpass zwischen der Schweiz und Italien mit 2503 Metern der höchste Pass, bei dem zumindest ein Teil in der Schweiz liegt. Der Nufenenpass hat keine besonders lange Geschichte, er wurde erst 1969 in seiner jetzigen Form fertig gestellt, also nix mit „Römern“ und dergleichen, aber in zweierlei Hinsicht ist dieser Pass durchaus besonders. Einerseits bietet sich auf seiner Passhöhe bei guten Wetterlagen eine fantastische Aussicht von 60 und mehr Kilometern über die Berner Alpen und andererseits entspringt in dieser Region der Fluss, nach welchem der für meine Begriffswelt schönste Kanton der Schweiz benannt wurde: „Ticino“ – „Tessin“. Bei der Fahrt von der Passhöhe bis Airolo kreuzt man diesen Fluss mehrfach, es bieten sich zahllose wunderbare Fotomotive entlang dieses Flüsschens! Im direkten Vergleich zu anderen Pässen ist der Nufenen recht intensiv touristisch erschlossen, die Grösse des Parkplatzes auf der Passhöhe und das entsprechende „Unterhaltungsangebot“ da oben lassen diesen Schluss allemal zu. Aber in einer ganz anderen Hinsicht hat dieser „junge“ Pass noch eine Bedeutung, wenngleich auch eine auf Nicht-Schweizer eher befremdlich anmutende. Wenn man genau hin schaut, dann passiert man auf diesem Pass zahlreiche militärisch wichtige Anlagen, die weitestgehend nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gebaut wurden. Die meisten von ihnen sind gut versteckt, andere hingegen gut getarnt. So passiert man kurz vor der Passhöhe beispielsweise ein Gebäude, welches auf den ersten Blick wie eine harmlose Scheune wirkt. Wenn man sich aber mit dieser Thematik ein klein wenig näher befasst hat, so fällt an dieser Scheune auf, dass erstens die Zufahrt nicht wie sonst bei solchen Gebäuden im alpinen Raum üblich von höher gelegenem Gelände in den Dachstock führt, sondern irgendwie an dem Gebäude vorbei zur Seite oder Front, weiterhin steht an der Vorderseite jener „Scheune“ nichts im Weg. Und obendrauf hat die Scheune auch noch einen Schornstein, welcher selbst wiederum auffällig aufwändig erscheint, vollkommen überdimensioniert für eine harmlose Scheune, welche normaler Weise gar keinen Schornstein braucht. Ganz abgesehen davon macht da oben in diesen Höhenlagen eine Scheune nur wenig bis gar keinen Sinn… Aber ja, das „Sicherheitsbewusstsein“ eines Staates kann zuweilen höchst eigene Blüten treiben, ich kenne da zahllose Beispiele aus meinem Geburtsland.
In Bezug auf das fahrerische Können stellt der Nufenenpass keine hohen Anforderungen, er ist gleichermassen für Anfänger wie auch Fortgeschrittene geeignet. Allerdings soll auf ein Detail hin gewiesen sein: Entlang dieses Passes stehen viele Nadelbäume. Im Herbst fallen die Tannennadeln nahe liegender Weise auf die Strasse, wenn es dann auch noch nass ist, wirkt dieses Gemisch wie Schmierseife! Haben Sie also einen Blick auf die von Autos frei gefahrenen Spuren, wo keine Tannennadeln liegen, Ideallinie und Kurvenspass hin oder her!
This entry was posted in Pässe