Vor meiner letzten grossen Reise suchte ich nach einer transportablen Sitzgelegenheit. Bis zu jenem Zeitpunkt verwendete ich eine Art Bezug für meine Camping-Matratze (beides von der Firma „Exped“, die wirklich hervorragende Produkte herstellen), der aus selbiger nichts geringeres als einen gediegenen Lounge-Sessel machte, scheiss bequem, nur etwas frickelig in der Ausführung. Dieses Konstrukt hatte aber zwei Nachteile: Erstens musste man alles das wieder demontieren, um die Matratze zum Schlafen nutzen zu können und zweitens war das Konstrukt derart gemütlich, dass ich den Rückbau in eine Schlafgelegenheit oftmals weit hinaus in die Nacht verschob, so weit, dass es manchmal schon zu dunkel war, um in Zelt-Nähe schadlos das Ziel zu erreichen. Es musste ein Sitz her, der Gemütlichkeit sicher stellte, klein genug zusammenklappbar, nicht übermässig schwer sein sollte und bei Nicht-Nutzung einfach auch mal herum stehen konnte. Die üblichen Festival-Stühle eigneten sich schlichtweg nicht, sie waren im zusammengeklappten Zustand immer noch weitaus zu gross und abgesehen davon halten die meisten von denen maximal ein Festival lang – nur die Tasche für die obligatorische Bierdose ist in der Regel für die Ewigkeit konzipiert, alles andere hat eine sehr begrenzte Haltbarkeit. Ich stöberte recht lange herum, verglich unerwartet viele Konstrukte und wurde schliesslich beim „Go Chair“ fündig, ein ehemaliges Kickstarter-Projekt (und solche sinnvollen Projekte unterstütze ich sehr gern!).
Das Prinzip des Go Chair ist simpel: Vier gleich lange Füsse und vier unterschiedlich lange Stützstangen halten ein aufgehängtes Sitzelement aus Kunstfaser. Alle acht Streben werden um einen Knotenpunkt herum zusammen- oder ausgeklappt. Die Streben der Rückenlehne bestehen aus drei, die des Beinbereiches aus zwei Einzelstreben, die im Klick-Verfahren verlängert werden und so die Sitzfläche aufspannen. Letztere ist atmungsaktiv und vor allem schnell trocknend, selbstredend in verschiedenen Farben erhältlich, sehr solide verarbeitet. Auf der Unterseite jener Textilfläche befindet sich eine von den beiden Seiten bedienbare Einschubtasche. Ok, nicht für Bierdosen, dafür aber viel anderen Krimskrams geeignet. Man kann den Stuhl auch in leicht unebenem Gelände aufstellen und entgegen des Ersteindruckes ist das Ding sogar sehr standstabil – auch wenn in der Bedienungsanleitung dezidiert darauf hingewiesen wird, dass das recht grosse Bewegungsspiel um den Knotenpunkt herum absichtlich ungewöhnlich gross gewählt worden ist. Es dauert ein klein wenig, bis man sich an dieses Spiel gewöhnt hat, aber dann sitzt man „sicher“ in dem Ding, kann sich problemlos lang ausstrecken, aber auch ganz normal sitzen. Insgesamt ist das Ding eher von der gemütlichen Sorte, jedenfalls mehr, als eine reine Sitzgelegenheit wie zum Beispiel der sehr bekannte Walkstool, auch ist er schwerer, also definitiv nicht geeignet für extrem leichtes Gepäck, aber wenn das Gewicht zweitrangig ist, so kann ich diesen Stuhl rundherum nur empfehlen. Manchmal sollte man aber Ausschau nach einer Kopfstütze in Form eines Baumes, Geländers oder vergleichbarem halten, insbesondere, wenn man etwas länger gewachsen ist, als 165 Zentimeter. Dafür hält das Teil einiges aus und übersteht garantiert mehr als nur ein Open Air Festival (und die Bierdosen stehen dennoch in erreichbarer Nähe!). Im zusammen geklappten Zustand passt er in jede Umhängetasche, die auch einen 17″-Laptop aufnehmen kann. Inzwischen nehme ich ihn oft auf meine Fotografie-Streunereien mit, da hat er mir ebenso sehr gute Dienste geleistet, wie auf meiner letzten grossen Reise. Für meine Begriffswelt ist der Preis allemal angemessen, der Walkstool ist nicht viel günstiger, allerdings muss man sich in Bezug auf die Lieferzeit in Geduld üben, dieser Sitz wird auf Bedarfsnachfrage gefertigt – zumindest jetzt noch.
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