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Ortsnamen in dieser Region weisen zuweilen einige Merkwürdigkeiten auf, wenn man sich ihrer Schreibweise etwas genauer widmet, ein Beispiel dafür ist Riba-roja d’Ebre (offizielle Schreibweise der Gemeinde). Auf den meisten (aber nicht allen) Strassenschildern ist die Schreibweise anders und manchmal auch verkürzt: Riba-Roja d’Ebre, Riba-Roja d’Ebro oder schlicht Riba-Roja. Ob das in dem Sprachenkonflikt zwischen dem Katalanischen und dem Spanischen begründet ist, entzieht sich meiner Kenntnis, aber die Vermutung ist nahe liegend. Wie nahezu alle Orte in dieser Region liegt auch Riba-roja auf einer Anhöhe und diese wiederum direkt am Ebro und hat seine Wurzeln in Siedlungen der Iberer und Römer, von denen hier keine sichtbaren Spuren mehr vorhanden sind. Mit der Eroberung Spaniens durch die Sarazenen, die bis zum 16. Jahrhundert mit ihrer Kultur und Wirtschaft für eine Blütezeit dieser Orte sorgten, wandelte sich auch das Erscheinungsbild von Riba-Roja, aber man muss schon sehr genau hin schauen, um noch vor allem an Kirchen und kleinen Kapellen architektonische Merkmale muslimischer Bauweisen und Gestaltungen zu erkennen. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die überwiegend muslimische Bevölkerung von Riba-Roja gezwungen, zum Katholizismus zu konvertieren – vergleichsweise spät wenn man bedenkt, dass die Rückeroberung Spaniens und speziell dieser Region durch Ramon Berenguer dem IV. bereits im 12. Jahrhundert nahezu abgeschlossen war. Offensichtlich duldete man bis zum 16. Jahrhundert hier die muslimische Bevölkerung nicht nur, sondern profitierte weiterhin von den Errungenschaften jenes Kulturkreises. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert unterlag die Verwaltung Riba-Rojas dem Templer-Orden, bis jener durch Papst Clemens dem V. aufgelöst und verbannt wurde. Von da übernahmen Papst- und Kirchentreue Ritter die Verwaltung der meisten Orte jener Region. Vom Templer-Orden sieht man ebenso nahezu nichts mehr, aber im Wappen der Stadt taucht noch die späte Version des Templerkreuzes auf rotem Grund auf, aus der Blütezeit während der Besetzung durch die Sarazenen ist bis auf eine Errungenschaft nichts mehr geblieben: Bis zum heutigen Tage verwenden einige wenige Olivenbauern immer noch das auf Brunnenanlagen basierende Bewässerungssystem, welches die Sarazenen hier einführten. Von der Moschee und dem muslimischen Friedhof, die hier einst vorhanden waren, existieren nur noch historische Aufzeichnungen. Die katholische Kirche war hier sehr „gründlich“, sowohl in Bezug auf die Muslime, als auch die Templer.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein Grossteil der Ländereien, die im Besitz der katholischen Kirche waren, zur Versteigerung ausgeschrieben – wobei es den Bauern, die diese über mehrere Generationen hinweg bewirtschaftet hatten, verboten war, mitzubieten, die katholische Kirche wollte profitieren, aber die Kontrolle nicht vollends verlieren. Die kurz darauf folgenden Carlisten-Kriege besiegelten auch in Riba-Roja das Ende der wirtschaftlichen Blüte, Armut breitete sich aus und das Land verödete. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts um 1910 bis 1925 herum, der Blütezeit des „neuen“ Kataloniens, stark beeinflusst vom „Jugendstil“, „Art Deco“ und „Art Nouveau“, bewegte sich wieder etwas, Bildung, Kunst und Kultur wurden gefördert und langsam erwachte diese Region aus jener Lähmung, aber bereits 1938 zogen erneut unruhige Zeiten auf. Da Riba-Roja direkt an den Ufern des Ebro gelegen ist, bekam es die Auswirkungen des Spanischen Bürgerkrieges deutlich zu spüren, heftige Kämpfe hinterliessen auch hier bis zum heutigen Tage sichtbare Spuren. Von den Ortschaften, die sonst in dieser Region liegen, unterscheidet sich Riba-Roja aber in ein paar Punkten. Diese Gemeinde hat erkannt, in welcher wunderschönen Landschaft sie liegt. Langsam aber zielsicher nutzt sie diese Tatsache, um mit zunehmenden Erfolg den Tourismus zu fördern. Hier gibt es immerhin ein Hotel und drei Restaurants, auch stehen Air B’n’B Möglichkeiten zur Verfügung. In Riba-Roja scheint auch die Bevölkerung aktiver zu sein, sich direkter an dem Fortschritt zu beteiligen, als das anderenorts der Fall ist. Dieses Örtchen wirkt nicht ganz so verschlafen und hat ausgesprochen schöne Ecken! An zahlreichen Hauswänden haben sich lokale Künstler verewigt, insgesamt wirkt Riba-Roja deutlich gepflegter, als zum Beispiel das benachbarte Flix und man restauriert und rekonstruiert einige Bauwerke, dennoch stehen auch hier verschiedene Gebäude (oder was von ihnen überhaupt noch übrig geblieben ist) zum Verkauf.
Der alte Ortskern mit seinen kleineren und grösseren Plätzen fordert geradezu dazu auf, hier durch die zahllosen verwinkelten Seitengassen zu streunen und zu entdecken! Immer mal wieder trifft man dabei auf kleinere Läden, deren Schaufensterauslage zuweilen – nun ja – „irritierend“ anmutet. In einem Zeitungs- und Zigarettenladen auch Baby-Kleidung und billige Handtaschen zu finden, mag auf den ersten Blick befremdlich wirken. Aber diese kleinen Läden sind die Grundversorger dieses Örtchens! Supermärkte im Ort oder am Ortsrand gibt es hier nicht, deswegen ist das Sortiment so manch eines Geschäftes zweckdienlich erweitert worden. Wie in südlichen Ländern üblich, haben die meisten von ihnen während der Mittagshitze über mehrere Stunden hinweg geschlossen. Und wie das ebenso in manch einem südlichen Land auch üblich ist, bedeutet das Vorhandensein einer Tafel mit darauf vermerkten Öffnungszeiten nicht einmal ansatzweise, dass diese auch so wie ausgeschrieben umgesetzt werden. Daran muss man sich als verwöhnter Europäer hier einfach gewöhnen. Es darf einen auch nicht stören, dass in einem Frisiersalon, der den „Charme“ der späten sechziger Jahre ausstrahlt und seitdem sicherlich auch nie mehr renoviert wurde, unter anderem auch Gas-Kartuschen für Kochsysteme zum Verkauf angeboten werden. Apropos Zeitungskiosk: Internationale Zeitungen bekommt man hier nicht und man kann auch keine bestellen. Die üblichen spanischen Publikationen wie zum Beispiel „El Pais“ oder „El Mundo“ sucht man hier ebenso vergebens, statt dessen werden zahlreiche Publikationen aus Katalonien angeboten, wie zum Beispiel „La Vanguardia“ aus Barcelona. Und es entstehen immer mehr neue Publikationen, auch hier wollen die Katalanen ein eigenes, nicht von Spanien kontrolliertes Sprachrohr haben. In nahezu jedem Schaufenster hängt somit auch ein Plakat, welches irgendwie mit den katalanischen Abtrennungsbemühungen zu tun hat.
Hier geht sehr sehr beschaulich, freundlich und familiär zu, hier kennt man sich untereinander. Aber auch ich wurde – und das war das einzige Mal, dass ich das vor Ort erleben durfte – ebenso auf der Strasse gegrüsst, obwohl ich aufgrund meiner Kameratechnik, die ich mit mir herum trug, definitiv als Nicht-Einheimischer zu erkennen war. Hier in diesem schönen kleinen Ort fühle ich mich besonders wohl!
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